FEinkost-Lexikon – F wie FRANKEN
Der nächste Eintrag im Feinkost-Lexikon führt uns raus aus der Küche hinaus in die weite Flur. Genauer gesagt ins Weinbaugebiet Franken, dass sich im Osten von Bamberg bis nach Aschaffenburg im Westen und größtenteils entlang des Mains sowie über einige Hänge des Steigerwalds erstreckt.
In Folge einer Verdreifachung der Rebflächen gehört das Weinbaugebiet Franken – das als klassisches Weißwein-Gebiet gilt – seit circa 50 Jahren mit etwas mehr als 6.300 Hektar Anbaufläche zu den mittelgroßen Weinbaugebieten innerhalb Deutschlands. Rund 18% dieser Flächen kommen seit etwa zwei Jahrzehnten dem Anbau von Rotwein-Rebsorten zu. So weit, so gut. Was viele jedoch nicht wissen: Zu Beginn der frühen Neuzeit – um die 1560er Jahre herum – war Franken mit einer Rebfläche von rund 40.000 Hektar das größte Weinbaugebiet im Heiligen Römischen Reich nördlich der Alpen.
Wie alles begann
In einem Vortrag des einstigen Präsidenten der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Dr. Hermann Kolesch zur Geschichte des Weinbaus in Franken merkt dieser an, dass schon die Kelten, welche das Frankenland einst besiedelten, bereits Wein tranken, allerdings keine Reben anbauten, sondern den Wein über Handelswege bezogen. Seiner Auffassung nach ist es jedoch sehr wahrscheinlich, dass man bereits im 4., 5. und 6. Jahrhundert im Zuge der Christianisierung in den Klöstern mit dem Weinbau zur Herstellung von Messwein begann. Erste urkundliche Erwähnungen von Weingärten in Franken gehen allerdings erst auf Schenkungsurkunden von Karl dem Großen aus den 770er Jahren zurück. Von da an finden sich bis ins 9. Jahrhundert immer wieder Nachweise von frühmittelalterlichem Weinbau in der Region.
Aufstieg und Niedergang
Angetrieben vom Adel und den Klöstern verbreitete sich der Weinbau im Frankenland rasant. Eng mit den Hauptorten Frankens verbunden, entstanden nun regelrechte Weinzentren. Auch in Regionen und Orten wie Bamberg, die heute eher für ihre Bierproduktion bekannt sind. Eine besondere Rolle in der Entwicklung des Weinbaus in Franken nimmt unter anderem Würzburg ein, wo im Laufe der Zeit bürgerliche Institutionen entstanden, die dem Weinbau ihren Reichtum verdanken. So zum Beispiel das 1316 gegründete Bürgerspital zum Heiligen Geist, das sich heute seit mehr als 700 Jahren der Betreuung pflegebedürftiger Menschen widmet.
Ungefähr zur selben Zeit begann der Frankenwein seinen Siegeszug. Längst war er nicht mehr nur für den lokalen Konsum und die örtlichen Weinkeller gedacht. Er avancierte zum Handelsgut und fand 1395 erstmals seinen Weg auf die Frankfurter Messe. Diese Entwicklung hatte zur Folge, dass immer mehr Menschen von Weinbau leben konnten und im Zuge dessen wurde das Geschäft mit dem Wein professionalisiert und reguliert: Der Würzburger Gottfried von Franken beispielsweise erläuterte den Weinbau und die Methoden zur Weinveredelung in seinem sogenannten Pelz- und Weinbuch. Und das Kitzinger Weingesetz von 1482 – auch als 1. Fränkisches Weingesetz bekannt – machte mit harten Sanktionen dem Panschen von Weinen den Garaus. Mit dieser gesamtgesellschaftlichen und überregionalen Nachfrage nach Wein wuchs letztlich auch die für den Anbau genutzte Fläche. Seinen Höhepunkt erreichte das Anbaugebiet in der 1560er Jahren mit einer Fläche von 40.000 Hektar.
Allerdings hat es in der Geschichte des fränkischen Weinbaus nicht nur positive Einflüsse auf die Entwicklung gegeben. Im Zuge der Kleinen Eiszeit und des Dreißigjährigen Krieg verschwanden nahezu alle Reben in Ober- und Mittelfranken. Weitere Einschnitte bilden das Ende der Feudalherrschaft im 19. Jahrhundert sowie die Verbreitung der Reblaus um 1900. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts schrumpfte die einst so imposante Rebfläche daher auf etwas über 2.000 Hektar ein.
Konsolidierung und Wiederaufstieg
Nach Ende des 2. Weltkriegs begann der zweite Frühling des Weinbaus in Franken mit der Gründung von Genossenschaften, dem Einsatz moderner Produktionsmittel und ersten Flurbereinigungen. Und auch die Tourismus-Branche erkannte das Potenzial der Region und vermarktete die fränkische Weinkultur mit Lehrpfaden durch die Weinberge, Weinfesten und den Wahlen von Wein-Hoheiten, was im Laufe der Jahre zu einem Wiedererstarken des fränkischen Weinbaus und einer Verdreifachung der Anbauflächen führte.
In der jüngsten Zeit brachen viele Jungwinzer mit den Traditionen. Man orientierte sich an internationalen Standards und allgemeinen Trends. Die daraus entstandenen Weine laufen heute unter dem Namen „Neues Franken“.
Geographische Besonderheiten
Mit knapp 6.300 Hektar ist das Weinbaugebiet Franken heute das sechstgrößte Weingebiet innerhalb Deutschlands. Der größte Teil dessen liegt südlich des 50. Breitengrades und damit innerhalb der Anbauzone für Wein auf der Nordhalbkugel (30. bis 50. Breitengrad). Wegen strenger Winter und möglichem Spätfrost beschränkt sich das bewirtschaftete Gebiet allerdings lediglich auf geschützte Lagen entlang des Mains und seiner Seitentäler sowie auf das Westende des Steigerwalds.
Den Hauptnährboden bilden Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper. Infolgedessen entstehen in Weinfranken recht mineralstoffhaltige Weine mit würzig-frischem Geschmack. Dieser wird zusätzlich durch das Klima unterstrichen, das östlich des Spessarts in einem Übergangsbereich zwischen See- und Kontinentalklima liegt.
Fränkischer Wein
Anders als in anderen deutschen Weingebieten gilt der fränkische Wein – ähnlich wie in Frankreich – in erster Linie als Begleiter zum Essen. Typischerweise ist er trocken und harmoniert mit beinahe jedem Gericht, von Regionalem über Fisch und Fleisch bis hin zur Kombination aus fränkischer Rostbratwurst und Sauerkraut.
Führende Rebsorte ist der Silvaner, der als typischer Frankenwein gilt und bereits seit 1659 in Franken angebaut wird. Darüber hinaus erfreut sich auch Müller-Thurgau einer großen Beliebtheit. Weitere traditionelle Rebsorten sind Kerner und Scheurebe. Aber auch Rotweine werden in Franken hergestellt. Zumindest der westliche Rand des Mainvierecks gilt traditionell als fränkisches Rotweingebiet. Die klimatischen wie geologischen Bedingungen sind hier besonders geeignet. Infolge der Klimaerwärmung finden sich aber auch in anderen Teilen Frankes Lagen mit Rotwein-Reben. Insbesondere dem Spätburgunder spricht man hier eine Qualität zu, die es teilweise mit französischen Spitzenweinen aufnehmen könne.
Übrigens: Neben typischen Rebsorten gilt übrigens auch der unverwechselbare Bocksbeutel als typische Flaschenform für qualitativen Frankenwein. Ein flacher, bauchiger Glaskörper mit kurzem Hals. Diese Flasche ist seit 1989 in der EU geschützt und darf lediglich für Weine aus Franken verwendet werden. Eine ähnliche Flaschenform findet sich in Portugal.
Fränkische Weinkultur
Keine Frage, die fränkische Lebensart ist durch und durch vom Weinbau geprägt. Vielleicht ähnlich wie der Friesentee in Friesland gilt der Wein zumindest im sogenannten Weinfranken als Volksgetränk. Doch anders als in anderen Regionen sind in Franken auch das Verständnis für sowie das Wissen über Wein seit Generationen weit verbreitet. Man könnte fast behaupten, es sei den Franken in die Wiege gelegt.
Ebenso verbreitet sind Feierlichkeiten wie Weinfeste, die in beinahe jedem Ort, in dem Wein angebaut wird, stattfinden sowie Wein-Gasthöfe und traditionelle Gasthäuser, die sich selbst in kleinen Städtchen in einer hohen Dichte finden lassen. Tradition hat darüber hinaus die seit rund 70 Jahren stattfindende Wahl der Fränkischen Weinkönigin. Für gewöhnlich kommt diese aus einer Winzerfamilie, besitzt eine entsprechende Berufsausbildung oder hatte bereits eine Amtszeit als örtliche Weinprinzessin inne.
Wie sehr die Weinkultur in Franken mit der Region verbunden ist, zeigt sich übrigens auch in den Stadt- beziehungsweise Ortswappen der jeweiligen Orte. Viele von ihnen zollen dem Weinbau Tribut, indem sie Rebstöcke, Trauben, Rebmesser oder Kelter enthalten.