VIEL ZU OFT UNTERSCHÄTZT: ROSéwein
Rosé ist bei weitem nicht so beliebt wie Rotwein oder Weißwein – und das, obwohl er mit seiner Vielzahl von Stilen überaus interessant ist. Oft wird er jedoch lediglich als unkomplizierter Begleiter für warme Frühlings- und Sommertage betrachtet. Als ein leichter, fruchtiger Wein, der gut gekühlt perfekt auf die Terrasse passt. Dieser Ruf wird dem vielseitigen Potenzial des Roséweins allerdings bei Weitem nicht gerecht. Bei Zerres Gourmet sehen wir Rosé nicht nur als Frühlings- oder Sommerwein, sondern als einen facettenreichen Genussbegleiter, der das ganze Jahr über begeistert – und besonders auch im Herbst. Lassen Sie uns einige gängige Missverständnisse aus dem Weg räumen und zeigen, warum Roséwein weit mehr kann, als nur "leicht und frisch" zu sein.
Wer hat den Roséwein erfunden?
Viel ist über die Ursprünge des Roséweins nicht bekannt. Vermutet wird jedoch, dass seine Geschichte bereits einige Jahrtausende alt sein muss und die ersten Rotweine im Grunde genommen mehr mit dem Rosé gemeinsam haben als mit den heutigen Rotweinen. Zurückzuführen ist dies auf die Herstellungsmethoden der Moderne (längere Mazeration etc.). So wurden in der Antike sowohl weiße als auch rote Trauben in der Antike oft bereits kurz nach der Ernte und mit sehr kurzer Maischestandzeit mit Händen oder Füßen gepresst. Eine Methode, die auch nach der Entwicklung effizienterer Weinpressen bei vielen Winzern bevorzugt wurde. Vor allem die alten Griechen sowie die Römer waren der Meinung, dass härtere Pressen und längerer Kontakt von Saft und Schalen zwar dunklere und kräftigere Weine hervorbringen würden, der Geschmack allerdings zu herb sei und der Wein damit weniger begehrenswert.
Eine Einstellung, die sich bis weit ins Mittelalter unter vielen Winzern und Weinfreunden hielt. Vor allem auf dem englischen Markt waren die sogenannten „vin d’une nuit“ (deutsch: „Weine der Nacht“) besonders stark gefragt: blasse, roséfarbene Weine, die aus Traubensaft hergestellt werden, der nur für eine Nacht mit den Schalen in Berührung kam. Dunkle Weine hingegen galten als minderwertig.
Auch die ersten Champagner sind kaum mit den heutigen Schaumweinen aus der Region zu vergleichen. Stattdessen waren sie rosa bis blassrot und mancher Winzer verwendete gar Holunderbeeren, um seinen Weinen mehr rote Farbe zu verleihen.
Rosé in der Herstellung
Eingangs sei schonmal direkt klargestellt, dass es sich beim Rosé auf keinen Fall um einen Verschnitt von fertigen Rot- und Weißweinen handelt. Sicherlich bekommen Sie mit ein wenig Übung und Geduld ein wunderbares Rosa ins Glas gezaubert, aber schmecken wird das nicht. Nur im Rahmen einer Mutprobe könnte man wohl jemandem abverlangen, dieses Wein-Verbrechen zu probieren. Rosé entsteht stattdessen aus roten Trauben und kann auf drei unterschiedliche Weisen hergestellt werden, die alle ihren eigenen Charme und Einfluss auf den Wein haben.
1. Mazeration
Mazeration meint im Grunde nichts anderes als die Zeit zu Beginn der Weinherstellung, während der der Most direkten Kontakt mit den Schalen hat. Vor allem bei Rotwein ist es nicht selten, dass er für zwei Wochen mit den Schalen in einem Gärtank ruht, damit er an Extrakt und Farbe gewinnt. Roséweine hingegen haben nur wenige Stunden lang Kontakt mit der Schale – in manchen Fällen sogar nur wenige Minuten. Die Dauer des Kontakts bestimmt nämlich die Stilistik des Roséweins. Mit anderen Worten: Je länger Most und Schalen Kontakt haben, desto dunkler wird der Wein in der Farbe und desto voller wird er im Geschmack. Die Mazeration ist also der Moment, in dem der Rosé seine Persönlichkeit formt – mal zart und hell, mal kräftig und intensiv.
2. Abpress-Methode
Die Abpress-Methode ist eine vor allem in der Provence beliebte Methode für die Herstellung von Roséweinen. Anders als bei der Mazeration kommen Most und Schalen beim Abpressen nicht in einen Tank. Stattdessen werden die roten Trauben direkt vom Winzer gepresst. Der Saft nimmt dann nur ein leichtes Rosa an und wird geschmacklich weniger intensiv, denn die Schalen geben nur wenig Aroma und Farbe an den Most ab. Die Vinifikation erfolgt im Anschluss wie bei einem Weißwein.
3. Saignée-Methode
„Saignée“ ist Französisch und bedeutet wörtlich übersetzt „Aderlass“ – ein kleiner Hint auf das Herstellungsverfahren! Zunächst wird der Traubenmost zusammen mit den Schalen in einen Tank gefüllt. Hier „bluten“ die Schalen ihre Farbe aus. Doch statt die Schalen im Anschluss zu entfernen, lassen die Winzer nach wenigen Stunden circa 20 Prozent des roséfarbenen Mosts ab, um ihn in einem anderen Tank zu vinifizieren. Der verbleibende Most hingegen mazeriert weiter mit den Schalen und wird zu einem kräftigen Rotwein ausgebaut. Roséweine, die nach dieser Methode hergestellt werden, sind oftmals kraftvoller und aromatischer als andere, da sie eine intensivere Farb- und Geschmacksstruktur von den Schalen übernehmen.
Terrassenwein oder Speisebegleiter?
Um die Antwort auf diese Frage direkt vorwegzunehmen: Roséweine können beides! So gibt es Rosés, die einen wohlig erfrischenden und fruchtigen Charakter haben und daher problemlos am Pool oder auf der Terrasse für echte Trinkfreude sorgen. Und dann sind da die trockenen und zurückhaltenden Rosés, die sich perfekt als Begleiter zum Essen eignen, weil sie sich geschmacklich eben nicht so sehr aufdrängen – vor allem zu leichten Fisch- und Fleischgerichten, Pasta oder Salaten.
Gereifte Rosés im Herbst
Die wenigsten verbinden Roséweine mit kühlen Herbsttagen und farbigem Laub, das langsam aber sicher von den Bäumen fällt. Wie eingangs erwähnt gilt der Rosé für viele als Frühlings- und Sommerwein. Eine Faustregel besagt sogar, dass ein Rosé nie älter als ein Jahr sein sollte. Doch gereifte und charakterstarke Roséweine bilden einen perfekten Übergang von den leichten Weißweinen im Sommer hin zu den vollmundigen und schweren Rotweinen im Winter. Denn gereifte Rosés haben einen reichen Körper und eine gute Struktur und harmonieren daher besonders gut zu den rustikalen Aromen, die die leichte Sommerküche ablösen und damit den Winter auch auf dem Teller einläuten. Probieren Sie beispielsweise einmal einen gereiften Rosé zu Schweinebraten, Geflügel oder Gerichten mit typischem Herbstgemüse wie Kürbis, Pastinake oder Roter Bete.
Besonders gut passen die reiferen Roséweine aber auch zu den erdigen und intensiven Aromen von Pilzgerichten wie gebratenen Pfifferlingen, einem cremigen Steinpilzrisotto oder einem Wildragout mit Pilzen. Passende Rezepte haben wir Ihnen hier bereit gestellt.
Kurzum: Roséwein ist ein Alleskönner, der uns nicht nur durch den Sommer begleitet, sondern das ganze Jahr hindurch für genussvolle Überraschungen sorgt. Probieren Sie es aus – und lassen Sie sich begeistern!